Zensur im Gewand vom Urheberschutz

Worum geht es?
In der EU soll ein Gesetz verabschiedet werden. Hintergrund: Google, Facebook, Twitter und andere besorgen sich Nachrichten, Texte und andere urheberrechtlich geschützte Werke, um sie – meistens in kleinen Teilen – auf ihren Seiten darzustellen. Konkret könnte es hier zum Beispiel um einen Zeitungsartikel gehen, dessen Überschrift, Titelbild und erste Textzeilen in einer Vorschau auf einer der genannten Seiten auftauchen. Dadurch wird das Urheberrecht verletzt und die Unternehmen können sich so an den Leistungen anderer bereichern, ohne dafür zu zahlen. Das soll sich durch das Gesetz ändern.

Was spricht dafür?
Es darf wirklich nicht sein, dass Plattformanbieter sich durch das geistige Eigentum anderer bereichern, ohne dafür Abgaben zu zahlen. Die Bereicherung erfolgt vor allem durch Werbung. Auf dem Gebiet der Onlinewerbung beherrschen in der EU zwei große Unternehmen – man könnte von einem Duopol sprechen – den Markt: Google und Facebook. Durch ihre Stellung gibt es für Konkurrenz wenig bis keine Chance und die Prognose deutet eher auf einen Wachstum des Anteils an der Gesamtonlinewerbung hin. Mit der Werbedominanz würden so nach und nach Verlage verdrängt werden, was einer Informationsdominanz gleichkäme. Das war vor 30 Jahren noch kein Problem, denn da war der Leser ja an die jeweilige Zeitung gebunden, um seine Informationen zu beziehen und die hat dann die Urheber bezahlt.

Was spricht dagegen?
Technisch müsste das Vorhaben durch einen Upload Filter umgesetzt werden. Das würde bedeuten, dass alle Plattformen eine Software etablieren müssten, die sämtliche Dinge, die hochgeladen werden, mit einer Datenbank, in der alle durch das Urheberrecht geschützten Materialien erfasst sind, abgleichen müsste. Diese Software würde dann entscheiden, ob etwas gegen das Urheberrecht verstößt und somit blockiert werden müsste. Das ist technisch schwer bis gar nicht umsetzbar, schon gar nicht für kleine oder mittelgroße Plattformen. Auch für große Plattformen, wie bspw. Wikipedia (die haben zig tausend Uploads jeden Tag), könnte das das Aus bedeuten.
Youtube nutzt hierfür die sogenannte ContentID. Dieses System ist extrem schlecht, denn es meldet viel zu viele „False Positives“, sperrt also oft Inhalte, die gar nicht gegen das Urheberrecht verstoßen. Wenn man solche Systeme jetzt noch etwas genauer betrachtet, liefert das vorgeschlagene Gesetz in der Essenz die Basis für eine Zensur des gesamten Internets. Es wird eine Infrastruktur etabliert, die quasi den gesamten Netzverkehr überwacht und einzelne Inhalte blockieren kann. So etwas gibt es bisher in der Form zum Beispiel in China; dort sperrt der Staat einfach alles, was ihm nicht passt. Links, Memes, Parodien und Propgrammierportale hätten ein Problem. Das Internet, wie wir es kennen, könnte mitsamt seiner Meinungsfreiheit vor dem Ende stehen.

Was wäre besser?
Besser wäre bspw. eine Regelung zu finden, bei der das Allgemeinwohl und nicht das Wohl großer Verlage im Vordergrund steht. Zeitungen trifft neben der Digitalisierung, bei der sie sich sehr schwer tun, vor allem der Wegfall der Werbeeinnahmen. Die gehen an die Konzerne, die die meisten Daten über uns haben und somit die besten Profile über uns erstellen können. Wenn man diese Werbung reglementieren würde, würden sich die hierdurch entstehenden Einnahmen vermutlich wieder anders verteilen. Außerdem sollte man tunlichst davon absehen, selbst kleinste Linkschnipsel als geistiges Eigentum zu betrachten;

Fun Facts
Die Idee von Upload Filtern war auch Thema bei den Koalitionsverhandlungen in Deutschland. CDU und SPD haben sich hier explizit darauf geeinigt, eine solche Technologie auf keinen Fall zum Einsatz kommen zu lassen. Das scheint Axel Voss (CDU) aber egal zu sein. Er fordert trotzdem das Gesetz, das eben diese einführen soll.
Der Axel Springer Verlag lobbyiert richtig hart für die Einführung. Die geben sogar zu, dass es ihnen vor allem darum geht, unabhängige und alternative Nachrichtenangebote aus dem Weg zu räumen.
Der erste Entwurf von Voss wurde letzte Woche im EU Parlament abgelehnt, nachdem er eine knappe Mehrheit im EU Rechtsausschuss erhielt. Er soll nun überarbeitet werden. Bleibt also wachsam, kontaktiert eure politischen Vertreter und merkt euch das Abstimmverhalten der Parteien für die nächste Wahl.

Weitere Links
– Sasha Lobo zur Entwicklung des „Axel Springer Gesetz“
– Axel Voss (CDU) und Julia Reda (Piraten) schreiben hier ihre Argumentation nieder. Das Ziel von beiden ist löblich. Voss bleibt in seiner Argumentation jedoch sehr vage, während Reda konkrete Beispiele und wissenschaftliche Quellen für ihren Standpunkt bemüht.
– Save Your Internet Kampagne

Aufmerksamkeit des Populismus

Trump und die AfD haben etwas gemeinsam: Sie erzeugen Aufmerksamkeit. Das ist eine der Methoden, durch die sie dahin kommen konnten, wo sie heute sind. Inhalte sind eher selten und nur basal vorhanden. Es geht irgendwie um den Schutz von „uns“ vor der schrecklichen Gefahr der „anderen“. Detaillierter wird die Argumentation nicht und dürfte sie auch gar nicht werden, denn dann würde man die tieferliegenden argumentatorischen und/oder moralischen Verfehlungen erkennen. Detaillierter muss die Argumentation aber auch nicht werden, denn anscheinend kommt es vielen Menschen gar nicht darauf an. Es reicht, durch provokante Thesen, die ein manchmal nur vages Gefühl bedienen, ins Rampenlicht zu rücken.
Man bedient sich hierbei verschiedener psychologischer Mechanismen: Zum einen bleibt etwas besonders Außergewöhnliches besonders leicht im Gedächtnis. Darüber hinaus kann man durch das Lenken von Aufmerksamkeit Menschen dazu bringen, andere Dinge gar nicht mehr wahrzunehmen. Um das zu illustrieren, hier ein kleines Video:

Des Weiteren ist Aufmerksamkeit eine begrenzte Ressource. Das ist gerade in Zeiten zunehmender Digitalisierung, in der durch großflächige Verfügbarkeit von Bildschirmen mit Unterhaltungsangeboten stets Reize verfügbar sind bedeutsam, denn wenn wenig Aufmerksamkeit verfügbar ist, muss man wenige vorhandene Aufmerksamkeit schnell und simpel auf sich ziehen. Dann gibt es noch das Phänomen, dass Menschen automatisch das, was ihnen auffällt, für wichtig halten. Vor dem Hintergrund wirkt es besonders verhängnisvoll, dass rechte Politiker mit vermeintlich skandalösen Aussagen durch Einladungen in Talkshows oder Interviews in Magazinen belohnt und bis zum Erbrechen rezitiert werden. Und zu guter Letzt fühlen sich Menschen auch noch in ihren Meinungen über eine bestimmte Sache bestätigt, wenn sie nur die Sache (nicht etwa die Meinung über die Sache) irgendwo wiedersehen.
Ein erster Schritt gegen Populisten kann es also schon sein, Menschen über die Mechanismen von Aufmerksamkeit aufzuklären und ihnen (also den Populisten) keine Beachtung zu schenken. Leider scheinen Populisten die Medien besser zu verstehen, als die Medien sich selbst. Wichtiger wäre, über die Mechanismen der Beeinflussung und über Fakten zu berichten, anstelle sich zu empören.

Sehr zu empfehlen ist hierzu ein älteres Segment aus dem Neo Magazin Royal.

Russland

Guckt man sich dieser Tage Russland und Amerika an, könnte man meinen, der kalte Krieg hätte nie aufgehört. Sich im direkten Gegenüber die Köpfe einzuschießen hat sich in der Vergangenheit nicht bewährt, deswegen führt man lieber Stellvertreterkonflikte um politischen Einfluss aber eigentlich hauptsächlich um Ressourcen in Ländern, in denen sich wegen der desaströsen sozioökonomischen Lage niemand dagegen wehren kann. Oder man manipuliert eben im Verborgenen und tut dann so, als wisse man von nichts.
Ohne Frage ziemlich asozial und wenig zielführend. Und beide Seiten geben sich da relativ wenig. Die USA versuchen, Videos auf denen Soldaten offensichtlich Zivilisten und Journalisten ermorden, verschwinden zu lassen. Russland bombardiert ein Krankenhaus. Die NSA überwacht alles, Russland manipuliert den Wahlkampf. Eine Frau, die brutalste Foltermethoden angeordnet hat wird, Chefin der CIA. Von irgendwo her taucht ein tödliches Gift auf und erwischt einen ehemaligen russischen Agenten.
Das könnte man endlos so weiterführen und die Liste an unmenschlichen Gräueltaten würde  lang sein. Da geben sich auch beide Seiten nichts. Seit der Wahl Trumps sind auch die Führungsstile der Länder näher aneinander gerückt. Ziemlich eindeutig verdienen also beide Verachtung.
Doch findet in der öffentlichen Diskussion eine interessante Gewichtung statt. Da wird dann auf einmal das kriegerische Handeln der USA, das angeblich zur Verteidigung dient (denn sonst wäre es ja völkerrechtswidrig) in Schutz genommen. Zuletzt saßen in einer Runde bei Anne Will einige Menschen, um sich über ein relatiertes Thema zu unterhalten. Guckt man sich an, wer da saß, findet man schnell heraus, dass drei der Gäste im Vorstand der proamerikanischen Transatlantischen Brücke sitzen, also einem Interessen-/Lobbyverband. Das wird in der Sendung nicht erwähnt. Und sehr oft fällt mir auf, dass ich – obwohl ich versuche, mich relativ umfassend und ausgewogen zu informieren – kaum amerikaskeptische Berichte entdecke.
Außer in ziemlich linken Medien. Da wiederum sind die USA immer der Teufel. Und – noch viel erschreckender – Russland ist ganz lieb und unschuldig. Gut, im Bundestag ließen sich kürzlich auch einige Linke Politiker dazu hinreißen, die Annexion der Krim als widerrechtlich einzuordnen, aber nur in einem Nebensatz, der dazu diente, mit einem „, aber…“ eine Kritik an Amerika einzuleiten.
Da frage ich mich schon, was in den Köpfen dieser Menschen vor sich geht. Nur weil der eine blöd ist, heißt das nicht, dass der andere automatisch toll sein muss (und umgekehrt). In Russland steht es um die Menschenrechte deutlich schlechter, als in den USA. Und auch in anderen Vergleichen kommt die russische Föderation schlechter weg. Nur, weil Lenin irgendwann mal den Kommunismus ausprobiert hat, feiern sie jetzt ein Land, das autokratisch regiert wird und extrem weit weg von irgendeiner Idee von sozialer Gerechtigkeit existiert? Lieber würde ich sehen, dass die Bewertung beider Länder anhand ihres Handelns getroffen und nicht gegeneinander aufgewogen wird. Sonst kommen wir schnell in den ach so beliebten Whataboutism, der nur die Aufmerksamkeit umlenkt ohne eine inhaltliche Auseinandersetzung und somit auch ohne eine Veränderung zu bewirken.

Reichtum macht reich: wie Deutschland gerechter werden kann

Jens Spahn (CDU) hat vor ein paar Wochen behauptet, man könne gut von Hartz IV leben und, dass wir keine Tafeln bräuchten. Unlängst kam heraus, dass die Regierung den Hartz IV Satz künstlich runter gerechnet hat – u. a. um Milliarden an Einkommenssteuer zu sparen (höherer Hartz Satz = höherer Freibetrag). Insofern kann man Herrn Spahn vielleicht sogar Recht geben: mit dem „richtigen“ Satz könnte man von Hartz IV leben. Über das „gut“ kann man dann immer noch streiten. Immerhin hat die Regierung einen Abschied vom System Hartz angekündigt.
Auch bei den Tafeln hat er Recht: Deutschland ist ein so wohlhabendes Land, dass es problemlos möglich wäre, alle Menschen zu ernähren. Niemand müsste auf der Straße leben und keine privaten Organisationen müssten sich um die Verteilung von Essen kümmern. WENN das Land seiner Verpflichtung nachkommen würde, den Wohlstand zu nutzen, um dem Allgemeinwohl zu dienen. Da das nicht passiert und die Regierung hier scheinbar auch nach der Aufregung um die Essener Tafel, die nur noch Nahrung an „deutsche“ Besucher ausgegeben hat (was auch eine höchst fragwürdige Entscheidung war), keine Veränderungen in Aussicht stellt, brauchen wir die Tafeln aber leider doch.
Dabei wären Veränderungen bitter notwendig. Während sich immer mehr Reichtum bei immer weniger Menschen versammelt (die zehn reichsten Deutschen besitzen über 50% des Vermögens [1]), gibt es immer mehr Menschen, die in Armut leben müssen (die ärmsten 50% besitzen gar kein Vermögen, wenn man ihre Schulden mit einbezieht) – also haben sie absolut (und nicht relativ) gesehen weniger Geld zur Verfügung. Und das in einem wohlhabenden Land. Die Schere zwischen arm und reich, die trotz der Beteuerung zahlreicher Regierungspolitiker, etwas dagegen tun zu wollen, immer weiter auseinander geht, ist ein eine Entwicklung, die in höchstem Maße gesellschaftsschädigend ist. Einkommensungleichheit ist eine Wachstumsbremse für ein Land. Sie hat außerdem Unzufriedenheit zur Folge, die mutmaßlich ihren Teil zum Ergebnis unserer letzten Bundestagswahl beigetragen hat. Des weiteren ist ein gewisser (finanzieller) Lebensstandard zur Zufriedenheit unerlässlich, wohingegen ab einer gewissen Grenze das Vermögen in keiner Korrelation mehr zur Zufriedenheit steht. Ein höheres Einkommen ist außerdem assoziiert mit einer besseren Gesundheit und höheren Lebenserwartung (keine Kausalität). Hier fällt einem unser Zweiklassengesundheitssystem ein. „Geld ist Macht“ ist zudem leider ein treffendes Sprichwort.
Natürlich nehmen die „Reichen“ den „Armen“ das Geld nicht weg. Deswegen ist das Wort „Umverteilung“ auch sehr irreführend. Die ärmsten Deutschen sind ja nicht arm, nur weil die reichsten Deutschen reich sind. Der wichtigste Akteur ist der Staat: er schafft die Rahmenbedingungen, die zu so einer Entwicklung überhaupt führen können. Und auch wenn unsere Regierung immer wieder betont, wie wichtig soziale Gerechtigkeit ist, sind entscheidende Mittel hierzu weitestgehend Tabu.
Ein höherer gesetzlicher Mindestlohn wird immerhin noch diskutiert. Hier muss die Regierung natürlich kleine und mittelständische Unternehmen unterstützen, damit die daran nicht zugrunde gehen.
Auch die Debatte über Erhöhung der Hartz IV Sätze könnte nach der jüngsten Meldung über die „Schönrechnung“ neu entfachen. Hier hören die Ideen dann aber auch auf.
Dabei wäre eine sehr effektive Maßnahme, die Einkommenssteuer im Spitzenverdienerbereich zu erhöhen. Der Satz liegt gerade bei 45%, die durch Freibeträge und Subventionen freilich nie erreicht werden.
Die 1997 abgeschaffte Vermögenssteuer könnte außerdem ein Mittel sein, um gegen das immer stärkere Anhäufen von Vermögen vorzugehen.
In Deutschland zahlt man auf Arbeit mehr Steuern als auf die Erträge durch Kapital. Wenn ich also einfach Geld besitze und das anlege, vermehrt sich mein Vermögen, ohne, dass ich irgendetwas dafür tue. Gehe ich für das gleiche Geld Arbeiten, muss ich einen deutlich größeren Anteil abgeben. Damit sich einfaches „Geld besitzen“ nicht mehr lohnt als Arbeit, sollte die Kapitalertragssteuer erhöht werden.
Eine Finanztransaktionssteuer würde außerdem den Staat an den Geschäften des Finanzmarkts stärker beteiligen.
Zu guter Letzt sei auch noch die Erbschaftssteuer erwähnt. Circa ein Viertel der heutigen Superreichen sind deshalb reich, weil sie reiche Eltern hatten. Und das wären sie auch nach einer Besteuerung noch, nur eben etwas weniger. Ungefähr drei Prozent des Vermögens wird in Deutschland jedes Jahr vererbt. Davon sieht der Staat aber dank Sonderregelungen und Freibeträgen viel weniger.
Skeptiker befürchten bei Steuererhöhungen oft den Weggang der Besserverdiener oder den Wegzug von Firmen in andere Länder. Ich halte diese Befürchtungen für etwas übertrieben. Für die Regierung würde es natürlich bedeuten, die Unterstützung durch einige finanzstarke Gruppen zu verlieren – was aber der Gerechtigkeit nicht schaden würde.

Mit den Mehreinnahmen könnte der Staat auf direktem oder indirektem Weg viele Menschen aus der Armut heraus holen, ohne einen weiteren in die Armut zu schicken. Menschen in anspruchsvollen oder anstrengenden Berufen würden weiterhin mehr verdienen als welche in einfacheren. Es wäre eine gerechtere Welt mit mehr zufriedenen Menschen, in der jeder gut von Hartz IV leben könnte und wir keine Tafeln bräuchten.

Fußnoten:
[1] Diese Zahlen beruhen auf einer Umfrage. Vermutlich ist das Ergebnis noch extremer, denn die Teilnahme war freiwillig. Die aller Reichsten haben tendenziell vermutlich gar nicht teilgenommen.

NRW schafft Sozialticket ab

Für diejenigen, die nicht wissen, was das Sozialticket in NRW ist: es ist ein staatlich gefördertes Ticket, das alle Menschen, die auf staatliche Unterstützung wie z. B. ALG II oder Sozialhilfe angewiesen sind, kaufen können. Es kostet knapp 40€ [1] pro Monat und erlaubt die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs in einem kleinen Geltungsbereich [2]. Freitag bis Sonntag darf man sogar drei Kinder mitnehmen.
Wer eine asoziale Regierung wählt, bekommt auch eine asoziale Politik. Ohne eine Alternative in Aussicht zu stellen, will die schwarz-gelbe Landesregierung dem mit 40 Millionen unterstützte Ticket immer weniger Mittel zukommen lassen, um es dann 2020 ganz abzuschaffen. Als ich das diese Woche erfahren habe, konnte ich meinen Ohren erst nicht trauen. Von den zwei Millionen Menschen, die das Ticket theoretisch nutzen könnten, tun das zwar nur 300000, aber für die (und potenzielle zukünftige Nutzer) bedeutet das eine erheblich eingeschränkte Mobilität. Es ist schlimm genug, keine Arbeit zu haben und mit ALG leben zu müssen, aber stellt euch mal vor, wie das wäre, wenn eure einzige Fortbewegungsmethode per pedes [3] wäre. Niedriger sozialer Status korreliert mit psychischer Erkrankung: Rückzug und Isolierung sind über einen längeren Zeitraum Gift für die Seele, weswegen zu befürchten ist, dass sich die Abschaffung auch negativ auf die psychische Gesundheit der Betroffenen auswirken wird.
Als Argument benannte die Regierung unter anderem, dass es ja ungerecht ist, wenn Geringverdiener, die nur knapp über dem ALG II Satz liegen, das Ticket nicht nutzen könnten. Da ist das Problem natürlich nicht der große Niedriglohnsektor [4], sondern die Tatsache, dass noch Bedürftige ein Bahnticket bekommen. #logic
Man kann nur hoffen, dass die ganzen Proteste gegen die Abschaffung des Sozialtickets zur Folge haben, dass sich die Regierung noch eine Alternative überlegt. Landtagsmitglieder fahren übrigens weiterhin kostenlos.

Nachtrag: Satte sechs Stunden nach der Veröffentlichung dieses Beitrags haben CDU und FDP bekannt gegeben, dass sie ihre Pläne (wegen der starken öffentlichen Empörung) doch nicht umsetzen wollen. Stoques Blog: opinion leader.

Fußnoten:
[1] Der Preis liegt dabei deutlich über dem in Hartz 4 vorgesehenen ~25€ für Verkehr; man muss also von woanders Geld abzwacken.
[2] Üblicherweise einer Wabe, Preisstufe A.
[3] Hihi, das klingt wie Penis.
[4] …der nur dazu dient, die Arbeitslosenstatistik zu schönen…

Bundestagswahl 2017 – Wer kriegt die Erststimme?

Nachdem ich in meinem letzten Post auf die einzelnen Parteien (Zweitstimme) eingegangen bin, möchte ich hier noch drei Ressourcen als Entscheidungshilfe für die Erststimme zur Verfügung stellen:

  1. WDR Kandidatencheck: Mit zahlreichen Filtern könnt ihr kurze Interviews der für euch zur Direktwahl stehenden Kandidaten angucken und nach erstem Eindruck und Inhalt entscheiden, ob sie zu euch passen.
  2. Auf der Seite des deutschen Bundestags könnt ihr euch über die informieren, die bereits Abgeordnete sind. Man findet auch Reden und Abstimmungsergebnisse dieser Personen.
  3. Abgeordnetenwatch: Bietet über die Seite des Bundestages hinaus Informationen zu allen zur Wahl stehenden Kandidaten (sofern sie teilgenommen haben). Des Weiteren kann man, ähnlich wie beim Wahl-O-Mat, einen Kandidatencheck durchführen, der einem zeigt, in wie vielen Aussagen man mit den Kandidaten aus dem eigenen Wahlkreis übereinstimmt.

In einer Woche ist Bundestagswahl. Geh wählen!

PS: „Wahltage sind Festtage einer Demokratie.“ – Norbert Lammert
Für die Durchführung einer Wahl werden immer auch Wahlhelfer gebraucht. Bewerben dafür kann man sich direkt bei seiner Stadtverwaltung.

Bundestagswahl 2017

Einleitung:
Seitdem ich mich zuletzt mit der Wählbarkeit von Parteien beschäftigt habe [1], sind schon wieder vier Jahre vergangen. Am 24. September 2017 ist wieder Bundestagswahl, weswegen ich allen Interessierten und/oder Unentschlossenen hier meine Perspektive anbieten möchte. Ich übernehme keine Verantwortung dafür, wenn ihr nach dem Lesen die Demokratie abschaffen und die Anarchie einführen oder ein Flüchtlingsheim anzünden wollt.

Die CDU/CSU
Strategie:

„Sie kennen uns.“

Wofür sie steht:
Die CDU ist eigentlich konservativ. Unter dem merkelschen Opportunismus (in dem man bspw. erst Atomkraftwerkslaufzeiten verlängert, dann nach einer Katastrophe plötzlich eine ganz andere Meinung dazu hat) ist sie allerdings in manchen Fragen, wie bspw. der gleichgeschlechtlichen Ehe, etwas nach links gerückt, was manche auch als Grund dafür sehen, weshalb sich die AfD so gut rechts von der CDU ansiedeln konnte [2].

Personalien:
An der Spitze hätten wir da die letztes Jahr zur mächtigsten Frau der Welt gewählte Angela Merkel (s.o.). Sie muss gar keinen richtigen Wahlkampf machen, weil sie Probleme totschweigt und erfolgreich darauf setzt, dass den meisten Menschen schon nichts auffallen wird. Und das seit 12 Jahren.
Thomas de Maizière glänzt durch Intransparenz. Schlimmer noch, er lügt offensichtlich, manchmal erfindet er sogar einfach irgendwelche Zahlen und Statistiken. Was genau die Hinweise waren, die zur Räumung des Fußballstadions führten, wonach er sagte, dass Teile der Antworten auf die Frage nach den Gründen die Menschen verunsichern würden, ist bis heute nicht bekannt. Sicher, kurzfristig mag er sich hier aus ermittlungstaktischen Gründen nicht äußern wollen. Langfristig jedoch wären Informationen wichtig. Ich will hier nicht auf den Verschwörungstheoretikerzug aufspringen, aber so sollte sich ein Innenminister meiner Meinung nach nicht verhalten.
Wolfgang Schäuble rechnet immer mal wieder eine schöne schwarze null aus, die er auch gedenkt, zu halten. Dass seine Zahlen zum einen einfach wegen der Art der Berechnungsmethode und zum anderen wegen dem Streichen dringend notwendiger Investitionen zustande kommen, verschweigt er gerne.
Alexander Dobrindt durfte die weder populäre noch wirtschaftlich sinnvolle Autobahnmaut durchboxen. Genau, das ist die, von der Merkel gesagt hat, dass es sie unter ihr auf keinen Fall geben wird. Es gibt da noch ungeklärte Aspekte mit dem europäischen Gerichtshof, aber ob die ausreichen werden, um die Maut zu kippen, weiß man nicht. Selbst optimistische Berechnungen kommen allerdings zu dem Schluss, dass der Steuerzahler unterm Strich Verluste machen wird. Der gleiche Minister treibt auch die Privatisierung der Autobahnen voran, die ebenfalls den Bürger belasten und Gelder zu privaten Investoren leiten.
Zuletzt ist da noch Ursula von der Leyen, die sich als sie noch Familienministerin war stark gegen „Killerspiele“ engagiert hat, indem sie bspw. große Fördermittel für ihr nahestehende Organisationen freigab (obwohl es keinen Beleg dafür gibt, dass ein Computerspiel irgendwie zu einem Amoklauf führen kann). Ebenso setzte sie sich für verfassungswidirge Zensur ein mit dem Vorwand, etwas gegen Kinderpornographie zu tun, was ebenfalls unbelegbar war (ähnlich wie de Maizière hat auch sie einfach Zahlen erfunden). Als Verteidigungsministerin setze sie sich für Aufrüstung ein. Hierzu zählen sowohl Handfeuerwaffen als auch bewaffnungsfähige Drohnen [3].

Fazit:
Eine Partei, die oft argumentiert „Wir machen das so, weil wir das immer schon so gemacht haben“, ist mir generell erstmal suspekt, denn sie steht per se Fortschritt im Weg. Außerdem frage ich mich immer noch, wie es eigentlich vereinbar ist, sich „christlich“ zu nennen, wenn in der Verfassung klar die Trennung zwischen Staat und Religion vorgeschrieben ist. Meines Erachtens gab es in den letzten vier Jahren so viele Verfehlungen aus den Reihen der CDU, dass sie dafür nicht mit einer Stimme belohnt werden sollte. Sie ist vielleicht die richtige Partei für Menschen, die sich ungerne mit Politik befassen und sich schwierige Entscheidungen lieber abnehmen lassen. Die Verantwortung abgeben und seine Seelrenruhe finden, warum nicht? Von den unangenehmen Folgen bekommen wir unmittelbar nichts mit.

Die SPD
Strategie:

„Der Schulzzug.“

Wofür sie steht:
Irgendwann mal stand die SPD wohl für soziale Gerechtigkeit. Nach den Hartz IV Reformen und dem Tragen vieler unsozialer Entscheidungen im Rahmen von Regierungsverantwortung ist davon nicht mehr viel übrig. Deutschland hat einen großen Niedriglohnsektor, ein ungerechtes Gesundheitssystem, es gibt zahlreiche Lobbyverbände die Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen und so primär großen Konzernen nutzen…und die SPD ist zufrieden. Sie wirkt zuletzt wie ein etwas orientierungsloser schlechter Abklatsch von der CDU. Wohingegen die JuSos eher nach links streben, orientiert sich die Spitze zur Mitte.

Personalien:
Eben wegen dieser Orientierungslosigkeit war die SPD vermutlich so dankbar über den Wechsel von Martin Schulz aus dem Europaparlament in die Parteispitze. Eine Woche lang schien die Wahl schon entschieden. Im EU Parlament fiel Schulz zuletzt dadurch auf, seinem guten (Steuerhinterzieher unterstützenden) Freund Jean-Claude Juncker zum Vorsitz der Europäischen Kommission  verholfen zu haben. Gegen Merkel versäumte er meiner Meinung nach, seine große Erfahrung, seine Beziehungen und die Bedeutung seiner ehemaligen Position in den Vordergrund zu rücken. Bei Schulz denke ich an den Ex-Alkoholiker aus Würselen, aber nicht an den Polit-Profi, der er eigentlich ist. Auch in anderen Bereichen kann er keine Akzente setzen, wirkt eher wie ein guter Partner für eine GroKo. Diese einzugehen, hält er sich offen.
Sigmar Gabriel steht das Außenministerium besser als der Parteivorsitz, den er bis März innehatte. Als Mitglied des eher konservativen Flügels der Partei könnte man ihn mit etwas bösem Willen für das derzeitige Tief der SPD verantwortlich machen. Ihm persönlich laste ich vor allem zwei Dinge an: beim Thema CETA und TTIP sprach er sich öffentlich erst gegen Schiedsgerichte aus. Dass die höchst bedenklich und undemokratisch sind, ist ja ziemlich offensichtlich. Später sagte er, dass er die Abkommen durchwinken wolle, was sogar entgegen einem damaligen Positionspapier der SPD geschah. Und dann wurde auch noch bekannt, dass er intern sogar für Schiedsgerichte und deren Ausbau geworben hatte. Als zweites erinnere ich mich an den Verkauf von Tengelmann an Edeka, den er per Ministererlaubnis durchsetzen wollte, welche gekippt wurde, weil rauskam, dass es geheime Treffen zwischen ihm und Edeka Funktionären gegeben hat.
Heiko Maas hat eine kleine Veränderung durchgemacht. Einstmals war er Gegner der Vorratsdatenspeicherung, was sinnvoll ist, denn willkürlich alles zu speichern bietet erwiesenermaßen keinen größeren Schutz. Mittlerweile gehört er zu einem der größten Befürworter der Vorratsdatenspeicherung und hat ebenfalls das Netzwerkdurchsuchungsgesetz erarbeitet, welches Kritiker zurecht als Angriff auf Meinungsfreiheit und Menschenrechte werten. Beim Thema Zensur scheint er da also mit seiner Parteigenossin Zypries oder auch von der Leyen auf einer Wellenlänge zu sein.

Fazit: Alleine schon, weil weitere vier Jahre Einheitsbrei durch große Koalition schädlich für die Demokratie wären, kann man die SPD eigentlich auch nicht wählen. Wenn Entscheidungen nicht mehr im Bundestag, sondern in nicht öffentlichen Koalitionssitzungen getroffen werden, geht Transparenz im Einklang mit Vertrauen in die Politik verloren [4]. Es ist dann auch etwas verwunderlich, wenn man jahrelang Politik so macht, dass sie niemanden interessiert (was vielen Politikern auch sehr gelegen zu kommen scheint) und anschließend dazu aufruft, doch bitte wählen zu gehen. Die SPD schafft es weder inhaltlich noch personell, sich deutlich vom schwarzen Partner abzusetzen. Es gäbe viele soziale Themen, in denen sie deutlicher auf Veränderungen drängen könnte. Im Moment bewegt sie sich im Umfragetief, was nur allzu nachvollziehbar erscheint.

Die Grünen
Strategie:

„Wir sind irgendwie linker als die GroKo, aber nicht radikal…aber irgendwie auch konservativ.“

Wofür sie stehen:
Ja, es gibt auch bei den Grünen wichtige Personen. Die sind in sich aber gar nicht so verschieden (oder ich weiß nicht genug über sie). Der größte Unterschied zwischen den einzelnen Spitzenkandidaten scheint aber vor allem zu sein, wie sehr sie zum Konservativen neigen. Extremfall ist hier sicherlich Winfried Kretschmar, der gelegentlich so manchem CDU Mitglied zu schwarz ist. Und auch Cem Özdemir hat sich bspw. für Waffenlieferungen ausgesprochen. In den Gründerjahren wäre man für sowas angezündet (und womöglich geraucht) worden. Viele Werte der Grünen klingen sehr sinnvoll. Da geht es viel um Perspektiven, steuerliche Entlastung von Armen und Mittelstand und andere Maßstäbe für Wachstum als Geld. Aber auch Themen, die von ihrer Bedeutung her meines Erachtens auf einem ganz anderen Niveau stehen, drängt die Partei in den Vordergrund [5]. Andere Ideen sind vor allem idealistischer Natur und befassen sich in ihrer Ausführung wenig mit Realisierbarkeit oder wirtschaftlichen bzw. gesellschaftlichen Folgen. Kaum ein Kandidat scheint ein Händchen dafür zu haben, Inhalte so zu vermitteln, dass eine größere Zahl von Wählern sich angesprochen fühlt; und das liegt zu einem Großteil nicht an Inhalten.

Fazit:
„Ökologie, Selbstbestimmung, Gerechtigkeit und Demokratie“ klingen eigentlich gar nicht so schlecht. Die früheren Exklusivthemen, die den Grünen oft eine Vielzahl von Stimmen eingebracht haben, gibt es für sie nicht mehr. Nach aktuellen Umfragen liegen sie sogar hinter ‚die Linke‘ [6]. Wenn einem die Umwelt irgendwie wichtig ist, wenn man möchte, dass möglichst schnell alle möglichst gleich behandelt werden, es aber dennoch viel soziale Förderung gibt und wenn man auf Kiffen steht, dann sind die Grünen wohl die richtigen.

Die FDP
Strategie:
„Christian Lindner.“

Personalien / Wofür er sie steht:
Christian Lindner. Christian Lindner. Christian Lindner. Christian Lindner. Christian Lindner. Christian Lindner. Christian Lindner. Christian Lindner. Christian Lindner. Christian Lindner. Christian Lindner. Christian Lindner. Christian Lindner. Christian Lindner. Christian Lindner. Christian Lindner. Christian Lindner. Christian Lindner. Christian Lindner. Christian Lindner.
Ja, der charmante Dreitagebart, der einem von den hochprofessionell geschossenen Wahlplakaten entgegenlacht, lässt so manche Wählerherzen höher schlagen. Er ist so smart. Und so gut angezogen. Und so smart. Und so wortgewandt [7]. Und so smart. Und er riecht bestimmt gut. Und ist smart. Und hat eine Vision. Und ist smart. Und hat es so weit gebracht. Und ist smart.
Ungefähr so viel Inhalt, wie die letzten beiden Absätze hatten, hat leider auch das Programm der FDP. Die Strategie könnte man erweitern durch „Hauptsache wieder schwarz-gelb“. Ich bin beinahe sprachlos, wie schnell die Wähler über ein vermeintlich hübsches Gesicht zu vergessen scheinen, was die FDP das letzte Mal getan hat, als sie Regierungsverantwortung hatte. Natürlich hatte sie nicht die Stimmengewalt hinter sich, die man braucht, um ein Land zu verändern, aber die Gestaltungsspielräume, die sie hatte, hat sie genutzt, um bspw. Steuern für Hoteliers zu senken. Ähnlich wie bei zu Guttenberg, der schamlos plagiiert, bis zur letzten Sekunde darüber lügt und dann einfach ein paar Jährchen ins Ausland verschwindet, wo er mit Unternehmensberatung Geld verdient, und dann lächelnd zurückkommt als wäre nichts geschehen und sich sogar noch über sein Handeln belustigt (allerdings in keinster Weise selbstironisch).
Die FDP ist eins jedenfalls nicht: gerecht. Lindner selbst scheint auch etwas der Realitätsbezug zu fehlen. Gefragt dazu, was er Menschen, die sich die Miete nicht mehr leisten könnten, empfehlen würde, schlug er vor, sie sollten doch Eigentum erwerben. Starke Worte von jemandem, der selbst mehrfach als Selbstständiger gescheitert ist. Aber aller Realitätsbezug scheint hinter diesem Lächeln zu verschwinden. Und smart.

Fazit:
Eigentlich ist es eine Tragödie. Ich würde meine Ansichten selbst als linksliberal einordnen. Liberal. Da müsste die FDP doch tatsächlich ziemlich gut passen. Tatsächlich hat sie von allen Parteien zumindest bei den Wahl-O-Mat Thesen die größte Übereinstimmung mit der AfD. Sie positioniert sich also ungewöhnlich weit rechts, vor allem im sozialen Bereich. Im wirtschaftlichen widerum wirbt sie dafür, dass der Staat sich möglichst raus hält und Unternehmen sich ruhig weiter maßlos bereichern sollen. Ein liberaler Gedanke klingt gut, das FDP Programm schon deutlich schlechter, und die Erfahrung mit der FDP in Regierungsverantwortung am schlechtesten.

Die Linke
Strategie:
„Es kann doch nicht sein, dass…“

Wofür sie steht:
Reiche stärker besteuern. Mehr Sozial- und Bildungsausgaben. Mehr Transparenz. Das Recht und die Freiheit des Einzelnen stärken. Mehr direkte Demokratie. Stopp von Rüstungsexporten. Klingt nicht schlecht? Geheimdienste abschaffen. Privatkonzerne verstaatlichen. Kapitalismus zugunsten des Kommunismus überwinden. Von den USA ab- und Russland zuwenden [8]. Ja, es gibt sie, die Licht- und die Schattenseiten.

Personalien:
Über Shahrhah [9] Wagenknecht könnte man so viel schreiben. Hervorstechend ist vor allem ihre Empörung. Man munkelt, dass sie sich den obigen Strategiesatz patentieren lassen will. Leider kopieren sie mittlerweile auch andere Oppositionsparteien. Inhaltlich ist Wagenknecht bei den Linken der Linken. Genau dieser extreme Flügel der Partei ist auch der Grund, weswegen sie in absehbarer Zeit nicht zur Koalition mit Regierungsverantwortung taugt. Das stört Wagenknecht aber auch nicht, denn ihr erklärtes Ziel ist es, Opposition zu bleiben. In der Regierung würde ihre Strategie auch nicht mehr funktionieren. Gysis hat seinerzeit lange versucht, sie in ihrem gegenwärtigen Posten zu verhindern, weil es ihm immer wichtig war, den gemäßigten Teil der Partei an der Macht zu wissen. Zuletzt fischte Wagenknecht allerdings auch vom rechten Rand, was ziemlich opportunistisch und substanzlos schien [10].
Dietmar Bartsch gehört zum Reformer-Teil der Linken. Er hat vor einigen Jahren den parteiinternen Kampf gegen den von Lafontaine unterstützten Riexinger verloren. Heute bildet er mit Wagenknecht die Doppelspitze. Er befürwortet Regierungsverantwortung tendenziell. Generell ist er realitätsnaher und weniger idealistisch. Trotzdem ist er noch links genug, um vor einigen Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet zu werden [11].

Fazit:
Wenn man in der Lage ist, den extrem linken Flügel der Partei zu ignorieren, erscheint die Linke tatsächlich wählbar. Gerade beim Schutz der Privatsphäre und in der Sozialpolitik achtet die Linke sehr auf die Schwächsten unserer Gesellschaft…vielleicht etwas zu sehr. Letztendlich ist viel Kritik ihrerseits berechtigt, die Alternativvorschläge sind allerdings teilweise nicht realisierbar da nicht finanzierbar. Gerade die antikapitalistischen und kommunsitschen Flügel schießen allzu oft über das Ziel hinaus. Bei einer immer größer werdenden Kluft zwischen arm und reich, großer Einflussnahme von Lobbyverbänden (durch ihren Reichtum) [12], Waffenexporten und Kriegsführung könnte ich zumindest nachvollziehen, wenn man die Linke wählen würde.

Die AfD
Strategie:
„Tod den Negern!“

Personalien / Geschichte:
Ob sich Bernd Lucke das damals so gedacht hat? Ihm wurde der ganze Laden irgendwann zu rechts, sodass er die Reißleine zog und ALFA gründete [13]. Frauke Petry übernahm danach das Ruder. Sie musste den superrechten Bernd Höcke [14] aus der Partei ausschließen. Das entstandene Rechtsloch mussten fortan Alexander Gauland und Alice Weidel [15] füllen. Taten sie auch gut. Mit jeder rassistischen Äußerung wurden sie in zig Talkshows eingeladen und in beinahe jeder Zeitung regelmäßig zitiert. Und schaffen es dabei noch, sich über mangelnde mediale Berichterstattung zu beschweren.

Wofür sie steht:
Das zentrale Stimmenfangthema sind Flüchtlinge. Irgendwie dreht die AfD es so, dass die Leute, die hierher kommen, weil sie vor dem IS fliegen, hier in dessen Namen Anschläge verüben wollen. Außerdem geht sie wohl davon aus, dass 99% der Flüchtlinge eigentlich nur unsere Sozialleistungen wollen und die gar nicht nötig hätten und zugleich noch allesamt kriminell sind und unsere *Hitlerstimme* GUTEN DEUTSCHEN FRAUEN *Hitlerstimme Ende* vergewaltigen. Da Die CDU/CSU vielen aber noch nicht rechts genug ist, wählen sie eben die AfD. Und da kann man den anderen Parteien wirklich einen Vorwurf machen: auf das Thema Flüchtlinge waren sie – obwohl es absehbar ist, dass, wenn man Krieg führt und Städte mit einer Millionen Einwohnern dem Erdboden gleich macht, viele Flüchtlinge entstehen – schlecht vorbereitet und haben die Schwierigkeiten und Probleme, die viele Flüchtlinge mit sich bringen, nicht ausreichend thematisiert. Deswegen glaube ich auch, dass viele Wähler der AfD gar nicht so harte Nazis sind, wie das oft behauptet wird.
Die Strategie der Partei baut auf einem Gefühl auf, nämlich Angst. Existenzielle Ängst, Angst um die eigene Sicherheit, Angst vor dem Unbekannten. Das wirkliche Problem sind die Asozialen. Und Asozialität kennt keine Rasse. Der kann man nur durch gute Sozial- und Bildungspolitik sowie Durchsetzung geltender Gesetze beikommen.
Desweiteren ist das Programm der AfD frauenfeindlich, es schürt auch Ängste vor anderen Gruppen wie z. B. Homosexuellen, es fördert Reiche und belastet Schlechterverdienende, es setzt auf Abschottung statt Dialog, kurz: es ist asozial.

Fazit:
Die AfD ist populistisch. Sie sagt Dinge, die ihr Stimmen bringen ohne dabei Bezug auf die Realität in Form von Fakten zu nehmen. Ihre Argumentationen sind nicht belegbar, ihre Darstellungen verzerrt. Wenn eine Partei dieses Jahr absolut unwählbar ist, dann ist es die AfD.

Die PARTEI
Sie ist sehr gut.

Fußnoten:
[1] Link zum Beitrag von damals
[2] Strauß hat 1986 gesagt: „Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben.“
[3] Drohnen, wie die amerikanischen, von denen bekannt wurde, dass sie aus Ramstein aus betrieben wurde und von denen vermutet wird, dass mit ihnen Kriegsverbrechen ausgeübt wurden.
[4] Norbert Lammert hat in seiner letzten Rede als Bundestagspräsident treffend gemahnt, dass im Bundestag zu viel geredet und zu wenig debattiert wird.
[5] „Gender mich nicht voll!“
[6] Sie machen es einem echt nicht leicht, sie sinnvoll in einen Satz einzubauen.
[7] Ist er wirklich.
[8] Sich weg von den USA zu entwickeln muss gar nicht falsch sein. Eine starke europäische Identität hätte ihre Vorteile. Die muss aber keineswegs eine Orientierung Richtung Russland bedeuten.
[9] Richtig wäre glaube ich Sarha.
[10] Ihr Mann ist ihr was Opportunismus angeht vielleicht ein Vorbild gewesen. Lafontaine ist dafür bekannt, sich immer aus der Partei zu entfernen, wenn es ihr schlecht geht, und immer aufzutauchen, wenn Aufschwung in Sicht ist. Er ist dabei Wirkung, nicht Ursache.
[11] Was zugegebenermaßen eine streitbare Aktion war.
[12] Sowas gibt es bei der Linken auch, aber in deutlich geringerem Ausmaß.
[13] ALFA hat nicht genug Unterschriften für die Bundestagswahl 2017 zusammen bekommen.
[14] Richtig wäre glaube ich Björn.
[15] Sie ist eine Frau. Die AfD ist antifeministisch. Sie ist lesbisch. Die AfD ist gegen irgendwelche Rechte für Homosexuelle. lol.